Geschichte der Villa Alma

Eine Epoche der Selbstdarstellung

Erbauer der Villa Alma in Männedorf ist der Industrielle Emil Staub (1867-1929); er gibt ihr den Namen seiner Gattin, Alma Terlinden (1883-1970). Eine fürstliche Morgengabe - könnte man das nennen!

Drei Unternehmergenerationen der Familie Staub sind ihm seit 1775 in Männedorf vorausgegangen - mit Mousseline-, Baumwoll-, Seiden- und ab 1866 schliesslich mit Lederfabrikation. Mit 23 Jahren erbt Emil Staub 1890 das Unternehmen, das er zum bedeutendsten Werk der industriellen Ledererzeugung der Schweiz machen wird.

Neugotik als Lebensgefühl

Schon 1903/04 ist Emil Staub-Terlinden, wie er sich nun schreibt, mit den Plänen zu seiner Villa befasst. Er notiert sehr präzise, was er will, was nicht, zum "englischen Styl im Genre Ruegg-Honegger", zum Äussern, zum Innern, zum Raumprogramm, zur Gartenanlage, zu allem bis in alle Details. Der Bau ist 1905/06 aufgeführt und entspricht in erstaunlichem Mass den Wünschen des Bauherrn. Architekt der Villa Alma ist Richard Kuder (1852-1912) mit seinem Partner Joseph Müller; dieses Architekturbüro weist sich durch zahlreiche bedeutende Bauwerke aus, so etwa durch den Sitz der Schweizerischen Lebensversicherungs- und Rentenanstalt von 1897/98 in Zürich.

Der Jugendstil bricht sich Bahn

Kurz vor der Jahrhundertwende treten bei den Projekten Richard Kuders Jugendstilformen in Erscheinung, markant dann beim Detail- und Innenausbau der Villa Alma. Dieser Vorgang ist von grosser Bedeutung. In dem neugotisch angelegten Bau, der somit uralte Stilelemente tradiert, erblühen plötzlich vitale Formen der damals wohl modernsten Kunstrichtung, eben des Jugendstils. Zudem ist dieser wesenhaft der Natur verbunden, was zur Folge hat, dass der um die Villa angelegte Park der Architektur ganz anders antwortet als mit der üblichen Gartenromantik.

Ein einzigartiges Baudenkmal des frühen 20. Jahrhunderts

 

Die mit Erkern, Balkonen und Veranden reich gegliederten Fassaden sind äusserst sorgfältig bearbeitet. Dem entspricht die aufwendige Gestaltung des Innern, der zweigeschossigen Halle und der nach ihr orientierten Repräsentations- und Wohnräume; alles ist von erlesener Qualität, Böden und Decken, Täfer und Türen, Spiegel und Leuchten, glanzvoll von Raum zu Raum.

Ausklang und Neubeginn

 

Alma Staub-Terlinden überlebt ihren Gatten, der 1929 stirbt, um viele Jahre; nach ihrem Tod 1970 entschliessen sich die Erben zum Verkauf der Villa Alma. So gelangt das Anwesen in den Besitz der Gemeinde Männedorf; Villa wie Park werden als schutzwürdig erkannt, und die Hälfte der Kaufsumme erlegt der Staat Zürich.